König ist wie Olympiasieger – Ein Jahr als Dinklager Schützenkönig

22. Oktober 2018
Viele schlechte Ideen beginnen mit den Worten „Halt mal eben mein Bier fest“.
In der Tat hielten wir fünf uns alle an einem Bier fest, als am Schützenfestsonntag 2012 die Idee geboren wurde: Lass uns mal König machen! Da wir aber alle unser eigenes und nicht ein fremdes Getränk in den Händen hielten entwickelte sich daraus dann eine wahnsinnig gute Idee. Fünf Jahre lang monatlich einen kleinen Betrag als Startkapital für den König einzahlen, dann ab 2017 drei Jahre lang draufhalten, jeder darf ballern, einer wird’s schon packen. Wenn’s nicht klappt ist es zwar schade, aber auch okay. Doch gleich im ersten Jahr konnten wir unsere Idee in die Tat umsetzen. Und das obwohl an diesem Schützenfestmontag die Bedingungen nicht gerade optimal waren: So wie eigentlich an allen Tagen zuvor hatte es auch an diesem Tag mehr als ausreichend geregnet. Eigentlich total unüblich für das letzte Wochenende im Juli. Da der Regen auch am Nachmittag nicht aufhören wollte wurde beschlossen den Festumzug ausfallen zu lassen und die Schützen mit Bussen zum Schützenplatz zu befördern. So etwas hatte es bislang noch nicht gegeben. Davon ließen wir uns aber nicht abschrecken, schließlich hatten wir einen Plan. Also raus aus dem Bus, schnell noch etwas Zielwasser von der Theke, anschließend den dritten Schuss abgeben. Und dann warten, vielleicht kommt ja noch einer, der es besser kann. Kam aber keiner…
„Olala, wir haben einen König!“ schallte es über den Schießstand und die Schützenhalle, im Kopf des neuen Königs (also meinem) plötzlich der Gedanke: Ach Du Sch…, was hast Du da gemacht? Dieser wurde aber ganz schnell vertrieben vom intensiven Schulterklopfen und den vielen Glückwünschen, welche jetzt auf den neuen König und seine Ehrenherren hereinprasselten. Die nächsten Stunden liefen dann ein wenig ab wie im Film, ich konnte es irgendwie immer noch nicht begreifen: War ich jetzt wirklich der Schützenkönig von Dinklage? Keine Zeit nachzudenken: Schnell meine Ehefrau, die neue Königin, geschnappt und ab ins Zelt auf die Bühne, der neue König wird verkündet. Das ganze Zelt jubelt, es ist rappelvoll, weil es draußen ja immer wieder regnet. Anschließend kurze Besprechung mit dem Regimentsvorstand über das, was noch so ansteht heute. Dann ab nach Hause, frisch machen und umziehen für die Proklamation und den Königsball. Hier, zu Hause, nutzen die Nachbarn und viele andere fleißige Helfer eine Regenpause, um den Garten wieder auf Vordermann zu bringen und das Heim des Königspaares gebührend zu schmücken. Eintreffen der Wache, Ankunft der Ehrenherren mit ihren Partnerinnen, der Hofstaat ist komplett. Alle sehen prächtig aus und sind einfach gut drauf. Der pure Wahnsinn!
Abfahrt in Richtung Schützenplatz, leider können wir nicht mit den Kutschen anreisen (der Regen). Auch die Proklamation findet nicht wie sonst üblich unter freiem Himmel statt sondern muss ins Festzelt verlegt werden. Dieses ist immer noch zum Bersten gefüllt, ein Gutes hat das miese Wetter also. Nach der Proklamation und dem anschließenden Ehrentanz dann der Ansturm der Gratulanten auf den Thron. Und das ist auf jeden Fall positiv gemeint. So viel Freude und Herzlichkeit hatte ich nicht erwartet. Im Leben hätte ich nicht mit so vielen Besuchern auf dem Thron gerechnet, so viele Hände wie an diesem Abend hatte ich bis dahin noch nicht an einem Tag geschüttelt, oder war von so vielen Menschen in den Arm genommen worden. Alle schienen es wirklich gut mit uns zu meinen, viele der Gratulanten kannte ich persönlich gar nicht. Aber es ging ja auch nicht nur um mich, meine Königin und der gesamte Hofstaat hatten schließlich auch Grund zum Feiern. So trugen viele Menschen dazu bei, dass dieser Abend ein mehr als gelungener Einstieg in ein fantastisches Schützenjahr wurde.
Nach ein paar Stunden Schlaf (traditionell wird der Hofstaat zu seinem Glück „gezwungen“ und muss so gegen 3:00 Uhr den Thron verlassen und nach Hause gehen; heißt ja nicht, dass man da nicht weiterfeiern kann) wurde dann am Dienstag ein zünftiger Frühschoppen abgehalten. Ich möchte kurz erwähnen, dass dieser ohne die Vorbereitung und Unterstützung durch die Kollegen aus dem Vorstand der 3. Kompanie Rummelsburger kaum möglich gewesen wäre. Danke, Jungs!
Eines der Highlights des Frühschoppens war natürlich der Besuch des abgedankten Königs Hergen Schiplage mit seinem Hofstaat und der Wache zur Übergabe des Königschildes, welches an einem anderen Tag am Haus des Königspaares montiert werden sollte. Ende des Frühschoppens: Spät…
(Der Einstieg in das Schützenjahr war wirklich super, der „Rest“ nicht weniger. Ich muss mich ab hier aber kürzer fassen, sonst wird’s echt zu lang.)
Eine der ersten offiziellen Amtshandlungen war die Teilnahme an der Fahrradtour des Viererbundes im August. In diesem Jahr war der Schützenbund Wehdel-Grönloh Ausrichter, neben den Schützenvereinen Dinklage, Langwege und Holdorf ein Teil des Viererbundes. Eine schöne Gelegenheit, mit Schützen aus anderen Vereinen in Kontakt zu treten. Offen für alle Schützen.
Der Hofstaat hatte sich vorgenommen, jede der 7. Kompanien mindestens einmal bei Ihrem Kompaniefest oder ähnlichen Veranstaltungen zu besuchen. Gestartet wurde mit dem Oktoberfest der Siebten, dem Kohlessen der Dritten und dem Grützwurstessen der Vierten. Auf jedem dieser Feste wurden wir gut bewirtet und gebührend gefeiert, meist ging es bis zum Morgen.
Zur Halbzeit im Januar stand dann ein weiterer Höhepunkt des Königsjahres an: Der Schützenball, welcher in diesem Jahr bei Susen stattfinden sollte. Die Eintrittskarten gingen weg wie warme Semmeln, viele Menschen wollten anscheinend gerne dabei sein. Nach dem Treffen zum Aufwärmen mit den Offizieren bei Sunkten und dem Marsch zu Susen folgte dann der Einzug in den Saal. Ab hier lief wieder alles wie in einem Film: Einmarsch mit Kolpingorchester und Offizieren, Begrüßung und Hochjubeln, dann Ehrentanz, alles wie an der Schnur gezogen. Und natürlich wieder viele, viele freundliche Gäste und Besucher am Königstisch. Die Gratulationstour vom Schützenfestmontag schien weiter zu gehen, völlig unerwartet und deswegen umso schöner. Ach ja: Getanzt wurde übrigens auch, Johnny Däpp und die Mutter von Niki Lauda waren gern gesehene Dauergäste auf all unseren Festen.
Die Besuche der Kompanien wurden fortgesetzt mit dem Grützwurstessen der Dritten und dem Kohlessen der Vierten. Diese Kompanien wurden doppelt besucht, die Dritte als Kompanie des Königs und die Vierte, da drei der Ehrenherren hier heimisch waren. Den Abschluss bildeten die Frühstücks-Brunche der Sechsten und der Fünften, der Maigang der Zweiten sowie das Sommerfest der Ersten im Bürgerpark. Wie schon im Herbst wurden wir auch im neuen Jahr hervorragend betreut und willkommen geheißen. Wir haben uns immer sehr wohl gefühlt.
Erwähnt werden sollten auch das Vergleichsschießen des Viererbunds auf dem Langweger Schützenfest (hier schießen auch die Ehrendamen) sowie die Besuche des Festkommers in Mühlen und Lohne. Leider waren die letzten beiden aus Platzgründen nur dem Königspaar vergönnt.
…und Ruckzuck war das Jahr fast vorbei: Schützenfest stand schon wieder vor der Tür. Bei bestem Wetter wurde ab dem Sonntag davor die festliche Zeit eingeläutet, die Nachbarn schmückten die Straße und auch der Hofstaat und die Wache ließen sich des Öfteren zu ein paar Getränken blicken. Als Generalprobe für die kommenden Schützenfesttage konnte am Freitag die Königsparty für Nachbarn, Freunde und Familie des gesamten Hofstaats erfolgreich genutzt werden.
Mit dem Empfang der Stadt für Hofstaat, Wache und Abordnungen der sieben Kompanien im Rathaus wurde das Schützenfest dann offiziell eingeläutet. Im Anschluss an die Schützenmesse und den wieder einmal überragenden Kommers eröffnete das Königspaar mit seinem Hofstaat den Tanz für alle. Da es an diesem Samstag keine weiteren Verpflichtungen für den König und das Gefolge gab, wurde die „freie Zeit“ ausgiebig genutzt…
Am Sonntag war es dann endlich soweit: Die Kutschen standen bereit, der Festumzug durch die Stadt konnte beginnen. Dinklage, Sonne, die Frisur sitzt! Naja, bei den Frauen wenigstens, bei uns Männern ramponiert der Schützenhut die Friese ja doch ganz schön. Aber egal. Stichwort Wetter: Als Entschädigung für das vergangene Jahr (der Regen) zeigte sich der Himmel von seiner besten Seite. Anders gesagt: Es war brüllend heiß und trocken, zumindest von oben. An keinem der drei Schützenfesttage wurde die Jacke angezogen, es gab durchweg Marscherleichterung, auch für den König. Nach Ankunft auf dem Schützenplatz schnell ins Zelt und auf den Thron. Da war es aber auch nicht kühler, der heiße Kaffee tat seinen Teil dazu. Auch an diesem Sonntag durften wieder viele Besucher und Gratulanten auf dem Thron begrüßt werden, die Freude nahm anscheinend kein Ende, einfach Klasse. Abends dann, als es eigentlich etwas kühler werden sollte, wurde etwas Feuer nachgelegt: Ehrentanz! Frau Lauda und Herr Däpp kamen später auch noch zu Besuch.
Der Montag begann mit dem traditionellen Ständchen des Kolpingorchesters beim Königspaar, zum Dank bewirtete dieses (besser gesagt unsere Nachbarn) die ganze Mannschaft und Teile des Offizierskorps mit einem köstlichen Frühstück. Da im Anschluss bis zur Abfahrt der Kutschen noch ein wenig Zeit war, taten die Herren des Throns und die Wache das, was sie ganz gut konnten: Die Zeit bei ein paar Getränken totschlagen. Die Ehrendamen und die Königin indes nutzen die Zeit zu einem Besuch beim Friseur, dieser schien nicht weniger spaßig gewesen zu sein. Nach dem Festumzug dann ein letztes Mal auf den Thron und langsam an den Gedanken gewöhnen, dass es bald vorbei ist. Aber halt, warte mal: Nur weil man kein König, Königin, Ehrendame oder –herr mehr ist kann der Spaß doch trotzdem weiter gehen. Also dann nach der eigenen Abdankung und der Proklamation des neuen Königs Andreas Middendorf ab nach Hause und umziehen (nur die Damen), dann wieder hin und ab geht die Post…
Am Dienstag dann die letzte offizielle Amtshandlung von Königspaar, Hofstaat und Wache: Besuch beim neuen König Andreas zum Frühschoppen und Übergabe des Königsschilds. Die Prozedur kannten wir ja schon, ist das echt schon ein Jahr her???
Fazit:
Schützenkönig in Dinklage sein macht richtig Laune, wer oben intensiv gelesen hat weiß jetzt hoffentlich ein wenig, wie sich das anfühlt. Ich kann es nur jedem empfehlen. Auf der anderen Seite ist es aber auch richtig viel Arbeit. Es sind gar nicht die Termine, welche man wahrnehmen muss, so viele sind es durch das Jahr gar nicht. Es ist vielmehr die gedankliche Arbeit, welche man leisten muss. Welches ist der nächste Termin? Wer muss/darf da hin? Was muss dafür vorbereitet werden? Wen laden wir ein? Und so weiter und so weiter. Natürlich gibt es dazu Hilfe vom Regiment, aber alles können sie auch nicht abdecken. Jeder König macht diesen Job zum ersten Mal, hat deswegen keine Erfahrung oder gar Routine, darf auch Fehler machen.
Wenn jemand sagt „ich kann nicht König werden, hab‘ keine Königin“, dann ist das absolut richtig. Ohne eine Königin an der Seite, die bei der ganzen Geschichte mitgeht und mitgestaltet sollte man es lieber gleich vergessen. Das gleiche gilt für sehr gute Freunde, die den Hofstaat bilden, eine geile Wache, zuverlässige und feierwütige Nachbarn, eine Super-Kompanie sowie die Familie und Freunde, die man immer um Rat und Hilfe fragen kann.
Wenn mich jemand fragt, ob ich es wieder machen würde, dann lautet die Antwort: Ich würde es immer wieder machen. Aber ich werde es nie wieder machen, so ein Jahr kann man einfach nicht wiederholen oder sogar noch besser machen. Natürlich muss es jeder auf seine Art gestalten.
Übrigens: König sein ist wie Olympiasieger werden. Es gibt zwar Ex-Partner, Ex-Weltmeister und mittlerweile sogar Ex-Päpste, aber Ex-Olympiasieger gibt es nicht, das ist man immer. Genauso wie Schützenkönig in Dinklage. Zumindest bleibt das Gefühl.
Peter Trumme, Schützenkönig 2017/18